Dienstag, 9. September 2008

Perlen vor die Ladies

Es gibt Menschen, die geben vor nichts zu tun und schreiben dann darüber, wie sich das anfühlt. Klingt so'n bischen wie das 80iger Jahre Gequake übers Drüberreden, wie man sich bei gewissen Dingen fühlt. Ganz aktuell quaken Kathtin Passig und Sascha Lobo in ihrem neuen Buch "Dinge geregelt kriegen" und bloggen darüber. Vielleicht kennt die beiden ZIA (Zentrale Intelligenz Agentur)-Reporter auch jemand aus der Riesenmaschine. Mich fasziniert daran, wie es diese Menschen schaffen, ein Faszinosum menschlichen Verhaltens zu einem verkaufsfähigen Thema zu machen. Ähnliches reizt mich ja auch, und wenn ich mich in meiner Welt nur genau umschaue, dann fällt mir sicher auch irgendwann ein Thema vor die Füße, das ich verblogge und anschliessend auf Papier gedruckt bei Amazon ins Regal stellen lasse. Gestern Abend kam so ein Thema auch schon vorsichtig ums Eck: "Frauen im Perlenreich". Da meine Eltern am Wochenende ihre Rubinhochzeit feiern, war ich auf der Suche nach einem passenden Geschenk. Hübsch, kreativ und liebevoll sollte es sein und möglichst präsent. Hm, ein präsentes Präsent also, eins, das da ist, das nicht zum Wegfahren zwingt, das man direkt so wie es ist benutzen kann oder sich dran erfreuen. Als solches habe ich mir eine kreativ dekorierte Pflanze ausgedacht. An dieser sollen 40 Rubine hängen und ein paar kleine Herzchen und so Zeugs. Echte Rubine sind natürlich viel zu teuer, weshalb ich auf dem Heimweg einen Umweg über das 'Perlenreich' machte. Darunter kann man sich die in grün und rosa eingerichtete Heimat des Froschkönigs vorsellen. An Wänden und Decken glitzern bunte Glasperlen und auf selbstbemalten Holzkommoden findet man hunderte kleiner Gläschen mit Steinen, Kugeln und Röllchen, die zu 40 Cent das Stück feilgeboten werden. Aus all diesen unhandlichen Kleinteilen kann man sich, eine ruhige Hand, ausreichend Feinmotorik und Geduld vorausgesetzt, seinen eigenen Schmuck zusammenbasteln. Ketten, Ringe, Ohrringe, farblich zur Handtasche oder zum Paillettenkleid. Und ich mittendrin wie die Elefantin im Perlenladen, reizüberflutet bis zum Gehtnichtmehr auf der Suche nach Dingen, die ansatzweise einem Rubin ähneln - und sei es auch nur farblich. Das Perlenreich war zu meinem Erstaunen gut besucht. Nicht ganz so sehr erstaunt war ich darüber, dass es sich ausschließlich um weibliche Perlensuccherinnen handelte, die mal konzentriert über den Gläschen sinnierten, mal heimlich hinter die Theke in das für Selbstbedienung gesperrte Regal griffen, brav an der Kasse anstanden oder sich mal eben eine Knippszange borgten, um ihren Schmuckbastelvorgang fortsetzen zu können. Im hinteren Bereich gab es nämlich einen Basteltisch, an dem man das Gekaufte an Schnüren aufreihen konnte. Ich versuchte möglichst nicht aufzufallen und tastete mich vorsichtig mit meinem Perlensammelkörbchen von blau-dominierter zu rot-dominierter Kommode. Den Versuch, die Vornamen meiner Eltern mit Buchstabensteinchen zu legen, verwarf ich nach einer Viertelstunde verzweifelten Suchens nach dem 'A'. Da ich davon zwei brauchte, dazu noch ein L und ein R (sie heißen Anneliese und Alfred) mußte ich passen. Immerhin durfte ich danach noch einmal mindestens genau so lange zum Bezahlen anstehen und das bizarre Treiben der Ladies um mich herum studieren, nicht müde werdend nach Verschlüssen, Gummizügen und Swarovskis fragten. Das mit den Swarovskis hier noch zu erklären spare ich mir, denn das sind eigentlich auch nur bunte Steine - aber bitte nicht schlagen! Als ich eine gefühlte Stunde nach Betreten des Perlenreichs im Blumenladen die zu dekorierende Orchidee kaufte, war ich um 29 Euro für 40 Rubinimmitatsteinchen, 6 Herzchen, 6 Stoffröschen und 3m Basteldraht ärmer, aber das Resultat kann sich doch sehen lassen:

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