Freitag, 30. Oktober 2009

Urlaubsgeschichten

Wenn ich im Urlaub an einem fernen Ort bin, vermisse ich immer irgendwann mein zu Hause. Wenn ich dann wieder zu Hause bin, vermisse ich den Urlaub um so mehr, je länger er vorbei ist. Paradoxe Geschichte. Vielleicht ist diese Wahrnehmung aber auch eine Art Selbstschutz, denn wenn das Wegsein beim immer länger her sein nicht immer schöner werden würde, täte ich eventuell nicht mehr verreisen wollen. Dann könnte ich wiederum nicht heimkehren und einen Freudensprung auf unser Sofa tun, den Ferneseher anschalten und stundenlang Fußball gucken als wär’s das erste mal.
Mir entgingen vor Werbesendungen überquellende Briefkästen, Wäscheberge, groß wie der Himalaya, abgelaufene Milch, hängende Pflanzen und muffelnde Keramik. Und mir entging die Entdeckung fremder Länder und Kulturen. Der fünf Tage zurückliegende Urlaub strahlt schon jetzt in einem zarten rosa. Die pralle Blüte eines saftigen Pinks ist noch nicht ganz erreicht, aber das würde dann ja auch verbieten, von verschimmelten Wänden und grippalen Infekten zu erzählen.
5 Tage Irland und 8 Tage portugiesische Atlantikküste fluteten meinen Erlebnistank. Auf der grünen Insel schien jeden Tag die Sonne. Als sie mal nicht schien, nämlich abends, gingen wir ins Theater. Einmal immerhin. Ansonsten sind wir viele Kilometer gefahren um die zahlreiche fruchtbare
Verwandtschaft zu besuchen. Die verwöhnte uns mit leckeren Speisen und Getränken und Tee. Das schönste an Irland ist immer wieder der bedingungslose Wille der Iren seine Gäste vor einem knisternden Kaminfeuer gefügig zu machen und dann mit Tee und Gebäck abzufüllen. Da es immer noch Winkel gibt, die von den gutmütigen Geldströmen der EU unerreicht sind, ist diese Form der Zuwendung auch mehr als verdient.
Diese Paradieszustände waren mit der Ankunft in Portugal vorbei. Kein Tee, keine Kekse, kein Kaminfeuer. Stattdessen endlose Strände, auf denen man selber gehen musste und zahllose Wellen, die mich ständig vom Surfbrett katapultiert haben. Nach drei Tagen Surfkurs bin ich immerhin so weit, dass ich stundenlang über den Surfer's way of life schwafeln kann. Richtig surfen lernt man auch so schnell nicht, aber man ist immerhin dabei und schnuppert ein wenig am Neopren des Ruhmes. Wenn einer vom Format Kelly Slaters (8-facher Weltmeister) am Strand auftaucht, dann ist es vorbei mit der Einsamkeit. Der Strand wird zum Wespennest stylischer Surfer-Typen, die den Michael Jacksen des Surfsports sehen wollen. Viel mehr gab’s auch nicht zu sehen. Peniche, 90 km nördlich von Lissabon, ist ein von Wind, Wasser, Wellen, Strand und Felsen geprägtes Kaff. Und genau das hat wohl dazu geführt, dass ein Arbeitskollege sagte "Du siehst aber erholt aus".
Ja, so wird es dann wohl gewesen sein.

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Urlaubsimpressionen

Vierzehn Tage op jück gewäß - da brauch ich noch ein paar Atemzüge um die schönsten Momente in Reinschrift zu bringen. Hier schon mal ein paar digitalisierte Eindrücke unserer Reise durch Irland (Dublin, Cork, Limerick) und Portugal (Peniche Surfcamp incl Rip Curl Pro Search).
Irland (Limerick)
Irland (Autobahn)

Peniche (Welle und ich)
Peniche

Dienstag, 6. Oktober 2009

Köln-Marathon 2009

In einem Getümmel aus über 10.000 Läufern fand ich gegen 09:00 Uhr am Sonntag Morgen den Weg über die Startlinie in Deutz. 21 Km, 10 Viva Colonias und 2 Stunden 2 Minuten 20 Sekunden später überquerte ich überglücklich die Ziellinie. Aufgeregte Medienmenschen mit Kameras hüpften um mich herum, was aber nicht an meiner Spitzenleistung lag sondern daran, dass ich parallel mit Herrn Roters, Kölns to-be Bürgermeister gefinisht hatte. Mir war das in dem Moment völlig wurscht, denn ich wollte ja besagte, egal ob Fleisch- oder Blut, mit Suppe, Schmalzbrot und Kölsch im REWE-Verpflegungsdorf ergattern. Nur schade, dass ich dort nicht alleine war. Zwischen tausenden Läufern, eingewickelt in wärmende Plastikfolien, umwabert von einer penetranten Wolke aus Schweiss und schlechtem Atem, spülte mich eine Menschentraube an den Tee-Stand. Und gleich daneben breiteten flinke Hände auch schon ein Meer aus Baguettstümmelchen, Fleischwurstscheiben und Blutwurstbrocken vor mir aus. Herrrrrlich!


Samstag, 3. Oktober 2009

Wie ich über Nacht zum Porno-Star wurde

Gestern Abend auf dem Weg zur Kölner Theaternacht.
Ich freue mich auf einen Abend gespickt mit Kultur, ein bisschen Kabarett hier, ein wenig Shakespeare dort, leichtes und schweres dicht beieinander, im Halbstundentakt heben sich die Vorhänge, talentierte Schauspieler bespielen die Bühnen zwischen Ehrenfeld und Mühlheim, Altstadt und Mediapark und wir schaukeln uns mit dem Shuttlebus bequem von einem Highlight zum nächsten.
Eigentlich sieht das Konzept vor, dass man sehen kann was man will, wenn man denn kann. Und man kann nur, wenn man im Besitz eines sogenannten "Startertickets" ist, das einem für die erste Vorstellung einen Platz sichert. Danach regiert das Zufallsprinzip. Weder im Schauspielhaus noch im Senftöpfchen waren noch Plätze frei, so nahmen wir was noch übrig war: "Pornokaraoke".

Ehrenfeld, Theaterhaus Köln, 20:00 Uhr, das Licht ging an. Zwei großgewachsene Damen, von denen eine aussah wie "Bäckchen" aus dem Bodensee Tatort, ließen in ihrer Anmoderation keinen Zweifel daran, dass wir in einem Mitmachstück sassen. Die, die nicht aussah wie Bäckchen kam auch gleich auf uns zugeschritten und hielt der Comtessa das Mikrofon vors Gesicht. Mit Vehemenz machte die Comtessa sofort dem gesamten anwesenden Publikum klar, dass mit ihr an diesem Abend nicht zu rechnen sei. Ich wehrte mich irgendwie weniger erfolgreich und stand eine Minute später auf der Bühne. Bei meinem männlichen Karaoke-Partner durfte ich mich gleich unbeliebt machen, indem ich ihn selber aus zwei mir angepriesenen Männern auswählte. Meine Wahl fiel pragmatisch auf den mit mehr Haaren. "Bäckchen" fragte uns beide nach dem Namen unseres ersten Kuscheltieres und dem Mädchennamen der Mutter. Das Ergebnis dieser völlig sinnfreien Namensmischung war dann unser Pornoname, der mit Tesa-Krepp auf unsere T-Shirt geklebt wurde. Zu blöd, dass mein erster Teddybär Michael hiess. Noch viel dämlicher allerdings, dass ich ihm jetzt den Pornonamen "Michael Bergs" verdanke.

Bäckchen, Michael Bergs, also ich, Ernie Garcia, so hiess mein Porno-Karaoke-Partner mit Haaren auf dem Kopf und die andere Moderatorin genehmigten uns daraufhin erst mal einen Wodka, nahmen in einem bequemen Ohrensessel Platz und schon gings los.

Ernie und ich sassen vor einer Glotze, auf der wir den Film "Fleisch" aus den 20ern mit Untertiteln sahen, während das Publikum "Fleisch" auf der Großleinwand schaute. Dann lasen wir den Text mit verteilten Rollen. Widerliche Szenen spielten sich auf der Matscheibe ab, doch ich war viel zu beschäftigt damit, den Text zu lesen, als dass ich die sich umeinander windenden ekstatischen Fleischklöpse wahrnahm. Der Spuk war schnell vorbei und wir durften in der ersten Reihe Platz nehmen um unsere Konkurrenten aus nächster Nähe zu beäugen. Till und Tina, deren Pornonamen ich schon vergessen habe, was ja eigentlich nicht im Sinne des Erfinders ist, oder?, schlugen sich tapfer. Sie gewannen auch die finale Abstimmung per Klatschomat und gewannen Theaterkarten für ein normales Stück.

Ernie Garcia und ich begegneten uns eine Stunde später wieder. Diesmal im Kölner Künstler Theater wo "Maigers Wirsing" gegeben wurde. Ein Kinderstück, in dem eine dicke Wirsingverkäuferin einen dummen Gehilfen beibringt, Wirsinge wie Luftballons zum Fliegen zu bringen. Nett und vor allem völlig jugendfrei und konsumfreundlich.

Vor Mitternacht schafften wirs so eben noch ins Filmhaus in der Maybachstrasse. Siebziger Jahre Feeling wurde uns versprochen. Das Trüppchen auf der Bühne bat ein in allen Teilen noch stark optimierungswürdiges Trauerspiel. Hätten wir günstiger gesessen, wir wären den Scharen, die gen Ausgang strömenden Enttäuschten gefolgt, aber das liess sich logistisch leider nicht einrichten. Als der silberne Vorhang dann endlich fiel, war es auch für uns der letzte. Obwohl ein klein wenig enttäuscht ob der schwachen Schlussvorstellung war der Abend insgesamt doch sehr gelungen und ich bin jetzt ein Pornostar.