Donnerstag, 26. November 2009

Als mich der automatische Sortierarm der Packstation aus dem Verkehr zog

Mein Handy gab einen Ton von sich, der den Eingang einer SMS verkündet. "Ihre Sendung liegt in der Packstation. "Freudig erregt kramte ich in meiner Tasche nach der Packstation-Karte und machte mich auf den Weg zu dem gelben Kasten. Welch gelungene Farbkombination. Wenn da mal nicht eiskaltes Kalkül hinter steckt. Erst die goldene Karte, die einfach goldensein kann ohne dem Besitzer damit irgendwie als 'besser' zu klassifizieren. Packstation-Karten sind einfach alle gold. Dann diese Station in fröhlich leuchtendem quietsch-gelb. Da ist der gespannte Postabholer doch gleich wohl gestimmt. Die Bedienung des Touchscreens an der Packstation ist für mich immer wieder ein Highlight des Kommunikations-Designs. Die einzelnen Schritte folgen in logischer Reihenfolge aufeinander und führen immer, aber wirklich immer dazu, dass ich nach nurwenigen Klicks meine Warenlieferung in Händen halte. Und das alles ohne Fehlermeldung! Kann das nicht mal jemand auf die Fahrkartenautomatender Bahn übertragen? Ich habe mittlerweile sogar so großes Vertrauen in dieses Ding, dass ich schon Pakete damit verschickt habe. Doch mein Vertrauen ging scheinbar zu weit, denn nun ist es passiert. Ein leichter Daumendruck auf "Fach öffnen", ein leises "Klack" und zwei Schritte nach rechts führten mich zu der Klappe, hinter der dasbestellte Buch lag. Meine Hand glitt in die gähnende Leere und fischte nach etwas, dass sich wie eckige Pappe anfühlt. Plötzlich ergriff mich aus dem Nichts ein metallischer Arm und zog mich mit einem gewaltigen Ruck in die Tiefe. Völlige Dunkelheit umschloss mich. Ein Schlag auf den Kopf, ein Rumsen und Rütteln, und ich landete unsanft auf einem riesigen Berg aus Päckchen und Paketen. Mit ihnen allen lag ich nunin diesem winzigen Zwischenraum hinter der Packstation, wo die Lieferungen lagern, die in kein Fach mehr passen. Der automatische Sortierarm greift sich Päckchen für Päckchen aus der Menge heraus und legt sie sofort in ein freiwerdendes Fach. Ein optischer Sensor verschickt dann umgehend eine SMS an den erwartungsvollen Empfänger, während der Sortierarm zurückfährt und auf neue Freiräume wartet. Ich war zum tragischen Opfer eines Programmierfehlers geworden. Mir blieb nichts anderes übrig als auf die Ankunft des Postboten zu warten,der einmal täglich eine Ladung Päckchen in den Zwischenraum bringt, und zu hoffen, dass er mich dort lebendig finden möge.

Okay, okay, ich gebe zu, die Geschichte ist erfunden. Aber wie jede Geschichte hat sie doch einen wahren Kern. Mir erzählte doch letzte Woche tatsächlich eine Bekannte, sie denke, dass in der Packstation mehr Päckchen lagern, als es Fächer gibt. Ein Roboter sorge dann immer dafür, die Päckchen nachzulegen. Was Menschen der Post so alles zutrauen.

Dienstag, 10. November 2009

Heben, waschen, sortieren

Am Samstag machten die Herren B&B und ich einen Ausflug zur Zeche Zollverein, Essen.
Meine Schwärmereien von faszinierender Industriekultur hatten scheinbar gefruchtet und da der rheinische Horizont von Zeit zu Zeit einer Erweiterung bedarf, hatte ich schnell eine Führung gebucht, bevor man auch nur erwägen konnte, dass es in Köln ja immer noch am schönsten ist.
„Die fette Elke“ (auf diesen Namen tauften wir das Navi) lotste uns ruhrpöttisch schnörkellos auf das Zechengelände. Parkplatz A1, Besucherzentrum, Herzlich Willkommen.

Die Führung beginnt mit der Ansage, dass wir nicht untertage fahren werden. Eindringlich appelliert unsere Führerin an uns, doch bitte nicht enttäuscht zu sein. Artig sind wir das dann auch nicht. Zumindest nicht deshalb.
Dass sich beim Betrachten der hundertsten Kohleschüttelwaschundsortieranlage dann doch eine gewisse Langeweile unter den Teilnehmenden ausbreitet ist spätestens dann nicht mehr zu leugnen, als sich die ersten verabschieden.
Aber von vorne: Zu Beginn bilden wir erst mal einen Kreis um ein Modell. In Gedanken lege ich mir schon die Worte zurecht, mit denen ich mich gleich der Gruppe vorstelle, aber so was ist das hier nicht. Wir sind eine Gruppe einander fremder Mikrogruppen aus Paaren, Familien, Freunden oder Mischformen, überdurchschnittlich viele davon gewickelt in Jack-Wolfskin-Jacken. Ansonsten eint uns die Neugierde daran, was in der Zeche im 19. und 20. Jahrhundert passiert ist. Die Kohle wurde gehoben, gewaschen und sortiert. Nach einem kurzen Exkurs über Architektur und Funktion der einzelnen Gebäude lernen wir, dass die Kohle gehoben, gewaschen und sortiert wurde. Ach ja, sie wurde natürlich nach dem Heben befördert und nach dem Waschen auch und nach dem Sortieren auch. Danach kam sie in die Kokerei, aber wir nicht. Denn wir mußten erst mal verstehen, wie die Kohle gehoben, gewaschen und sortiert wurde. Ich wage mal vorsichtig zu behaupten, dass ich das jetzt verstanden habe. Zur Belohnung gabs Kaffee und Kuchen: Gehoben, gewaschen und sortiert.