Freitag, 5. März 2010

Das Prinzip Ligotti

Heute Mittag in der Kantine lief mir ein Kollege mit rotem T-Shirt über den Weg. Nichts besonders erwähnenswertes an einem Freitag, an dem man gerne mal den gepflegten Anzug gegen legere Bekleidung eintauscht. Leider beobachte ich hier auch oft genug Fehlgriffe in die Klamottenkiste. Hier wird ein alter Ringelpulli aufgetragen und dort hat die Casualwelle auch vor der beigen Cordhose der 70er nicht halt gemacht.
Wohlgemerkt, inklusive Hochwasser. Das rote T-Shirt zierten die Wörter "Wir sind Haie". Dazu das Logo vom KEC - dem insolventen Kölner Eishockeyclub, der es nun dem FC St. Pauli nachtut. Jener hatte vor Jahren durch den Verkauf tausender "Retter"-T-Shirts seine sportliche und finanzielle Zukunft gesichert. Jetzt also auch Köln. Was in Hamburg funktioniert hat, kann ja auch in Köln klappen.
Wahrscheinlich werden am Wochenende schon die ersten Menschen mit blau-weiss-gestreiften Shirts gesichtet, auf denen "Wir sind Griechen" steht. Das ist der neue Trend. Erst mal ordentlich Mist verzapfen, sich dann schön doof stellen und sich über den "Flasche leer"-Status wundern, Mitleid erzeugen und nen Haufen noch dümmerer sogenannter Retter finden, die den Karren wieder aus dem Dreck ziehen. War bei Familie Ligotti ja auch so. Erinnert sich jemand an die Familie aus der letzten Dr. Haus-Folge vom 01.03.2010 im WDR-Fernsehen?
Jahrelang haben sie es sich in ihrem eigenen Dunst und Modder schön kuschelig gemacht, bis dann ganz plötzlich und überraschend der Schimmel von der Decke bröselte. Da musste dann aber sofort de Frau Doktor anrücken und ruckizucki eine Lösung aus dem Hut zaubern. Dass das nicht ganz umsonst zu haben war erschütterte Ligottis zutiefst und sie ergossen sich kollektiv und literweise in Tränen. Leider war genau so wenig Geld da wie schimmelfreie Stellen an der Küchendecke. Und was macht man da? Man guckt unendlich verzweifelt und tränenüberströmt in eine Kamera und hofft, dass man jemand anderem so leid tut, dass er sofort aufspringt und hilft. Völlig kostenlos. Und genau das ist geschehen. Ligottis sind ihren Schimmel los, haben ne neue Küche und sogar neue Möbel. Alles für lau und völlig ohne auch nur einen Finger dafür krumm zu machen. Ich habe übrigens einen Wasserfleck in der Wohnung, eine kaputte Spülmaschine, mein Auto muss mal durchgecheckt werden und der Drucker druckt Schlieren. T-Shirts mit der Aufschrift "Wir sind Claribu" können ab sofort für 50 Euro das Stück bei mir bestellt werden.

Montag, 1. März 2010

Fly me to the moon oder to Oeldorf

Am Wochenende war Vollmond. Beeindruckend, wie er da so hell und groß die Landschaft erhellt und meine Blicke bei jeder sich bietenden Möglichkeit auf sich lenkt. Eigentlich musste ich zu einer Party ins Bergische Land. Doch die Fahrt dahin gestaltete sich weitaus komplizierter als gedacht. Von wegen einmal links, einmal rechts und dann den Berg hoch. Bei so vielen unbeschilderten Wirtschaftswegen ist "die nächste Möglichkeit links" ein dehnbarer Begriff und quasi so greifbar wie Kacke in der Schwerelosigkeit. Aus dieser kam ich nämlich am Samstag Abend gedanklich. Die Weltraumreisegesellschaft aus Frank Schätzings "Limit" befand sich im Anflug auf den Mond und ich musste meine Leseabenteuer inmitten einer der zahlreichen Klugscheissereien für eben jene
Reise nach Oeldorf, Gemeinde Kürten, Bergisches Land abbrechen. Geschätzte Schwerkraft 1g und effektive topographische Komplexität 2,5 on (=ohne Navi). 1 ON bedeutet so viel wie, ist mit wie ohne Navi in etwas gleich gut zu finden.

Nun kann man viel Böses über Schätzings imposantes Mondabenteuer sagen, nicht von der Hand zu weisen ist aber der unendliche Ideenreichtum lebensvereinfachender Gadgets. Mir hats die aufsprühbare Wegwerfkleidung angetan.
Nie wieder ausziehen vor dem Duschen. Einfach Wasser aufdrehen, drunter stellen und abwaschen. Ich hasse am Duschen am meisten, dass man sich vorher ausziehen muss. Da wird mir kalt und das ist nicht schön. Herrlich dagegen diese abwaschbare Kleidung. Natürlich gibts im Jahre 2025 auch ne Menge holografischen Schnickschnack. Handys können quasi alles, Autos wechseln auf Wunsch die Farbe und Avatare führen uns durchs Großstadtlabyrinth. Leider müssen wir noch 15 Jahre warten, bis es so weit ist, sonst wäre nämlich auch schon unsere Spülmaschine repariert. Tja, hätten wir doch nur das Bild des in Einzelteile zerlegten Automaten mal eben an die Holowand von Frau O.'s Daddy in Dublin projizieren können. Er hätte wahrscheinlich mittels eines Cyberschraubenziehers die richtige Klemme gelöst und das Problem wäre ratzfatz aus Raum und Zeit verschwunden. Immerhin haben wir der Zukunft ein bisschen auf die Sprünge geholfen und per Skype-Konferenz mit Schwiegervater die Spülmaschinen-Anatomie analysiert. Witzig, wenn man mit Laptop in die hintersten Winkel der Küche krabbelt, um die Webcam in Position zu bringen, während die andere die Rückseite der Maschine ausleuchtet, denn gut Bild will Licht haben. Im All wie bei Skype. Schreiend und wild gestikulierend, ständig fokussierend und optimal ausleuchtend zog sich der kostbare Freitagabend so dahin, ohne dass die eigentliche Ursache des Problems gefunden wurde. Immerhin fand ich einen bedrohlich anmutenden dunklen Fleck in der Wasserdingsbums, den ich auf einer liebevoll und sehr detailgetreu angefertigten Skizze eines hilfsbereiten Menschen wieder entdeckte. Dieser Mensch hatte sie einfach in ein Internetforum gestellt - Fotos, Schritt für Schritt den Reparaturprozess beschrieben, Teile nummeriert und beschriftet, der pure Wahnsinn.
Jetzt muss ich mir die Datei nur noch auf meinen 3D-Projektor laden und schwups, kann ich loslegen mit der finalen Problembeseitigung am Objekt. Und wenn die Maschine wieder pumpt, fliege ich zum Mond!