Sonntag, 27. November 2011

Attacke von Herrn und Frau Motzki


Legende:
W = Wehrhahn.
So heisst in Düsseldorf eine Strassenbahn- und S-Bahnhaltestelle. Ziemlich häßliche 80er-Jahre Bauweise. Wenn man aus der Stadt kommend drauf zufährt, gibts kurz davor eine frisch renovierte Kreuzung mit chaotischer Verkehrsführung. Heut morgen hats grad wieder mal geknallt, aber das tut hier nichts zur Sache.
schwarze Pfeile = Verkehrsführung für Fahrzeuge, die von links kommen und von sich aus gesehen links abbiegen wollen.
rot begrenzter Weg = Das ist der Radweg, der einem aus der Stadt kommenden Radfahrer Richtung Wehrhahn angeboten wird. An der gezeigten Stelle verläuft der Radweg vor der Kreuzung als Teil der Fahrbahn, und wird dann hinter der Kreuzung auf dem Bürgersteig fortgesetzt.
lila Punkte = Weg, den man mit dem Rad nehmen muss, wenn man den Radweg benutzt.
orangene Punkte = Herr (links) und Frau (rechts) Motzki
grüner Punkt = Ich auf meinem Fahrrad sitzend an einen Laternenpfahl angelehnt.
blauer Strich = Laternenpfahl

Folgende Situation ereignete sich am Freitag, 25.11.2011, 16:00 Uhr
Ich radel aus der Stadt kommend auf dem Radweg Richtung Wehrhahn. Die Ampel zeigt rot.
Da ich erschöpft bin, will ich nicht vom Sattel steigen und steuer deshalb quer über die Verkehrsinsel (V) auf einen Laternenpfahl zu, an dem ich mich festhalte.
Von hinten nähern sich ein Mann und eine Frau jeweils mit einem Hund an der Leine und postieren sich rechts und links neben mir. Wir warten gemeinsam auf grün.

Er: Ist schwierig, den Radweg da links zu benutzen, ne?
Sie: Ja, echt schwierig.
Er: Unglaublich. Sie sind hier auf nem Fußgängerweg. Der Radweg ist da (zeigt in die Richtung).

Sie sabbelt irgendwas in ihren Damenbart.
Ich finds langsam blöd und sage zu ihr: Schlecht geschlafen?
Sie: Belästigen Sie mich nicht!
Ich: Bitte? Sie belästigen mich doch die ganze Zeit!
Sie: Schade, wenn man auf der Sonderschule war und nichts gelernt hat.
Ich (mitlerweile auf 180): Bitte?

Die Ampel springt auf grün und ich trete in die Pedale um der Situation möglichst schnell zu entkommen. Da gibt sie mir mit der Hand einen kräftigen Schubser gegen die Schulter, dass ich fast vom Rad falle. In dem Moment, als ich grade so den Sturz noch abwenden kann, springt die Ampel wieder auf rot und die von rechts kommenden Autos fahren an. Ich schaffe es noch sicher auf die andere Seite, bin aber mit den Nerven völlig am Ende.
Mir fehlen bis heute, 2 Tage nach dem Vorfall, noch immer die Worte für solch unveschämtes, rüpelhaftes Verhalten.

Schwimmbäder

Jetzt ist es mal an der Zeit, über Schwimmbäder zu schreiben. Zu lange brennt mir das Thema schon unter den Nägeln. Es haben sich im Laufe der Zeit mehrere Sub-Kapitel rund ums Schwimmen und die Schwimmbäder dieser Welt angesammelt, dass ich mich hier erst mal auf Schwimmbäder im Allgemeinen beschränken will. Dass es sie gibt, obwohl sie kaum einer kennt.
Ja, Tatsache. Schon mal in einer fremden Stadt die Menschen auf der Strasse nach dem örtlichen Schwimmbad gefragt? Das klappt weder im In- noch im Ausland. Ein verschwindend geringer Teil der Bevölkerung, sagen wir mal 0,2 Prozent, weiss, wo sich in seiner Stadt ein richtiges Schwimmbad befindet. Kein Spassbad, keine Saunalandschaft, kein Fitnessstudio mit Aquagymnastik-Becken, kein unterirdischer Wasserspeicher aus Zeiten des kalten Krieges. Ein öffentliches Schwimmbad, das man ohne den umständlichen Erwerb einer Jahreskarte und Vorweisen einer weissen Schufa-Weste betreten kann. Man löst eine Eintrittskarte für maximal 5 Euro, zieht sich um, duscht und findet ein 25m oder 50m langes (und nichts !!! dazwischen) Becken mit 22 - 26°C warmem Wasser vor. Im Idealfall hat ein freundlicher Schwimmbadmitarbeiter in Längs (!) -Richtung ein paar Leinen eingezogen, um den Schwimmbetrieb von den Planschern zu trennen.
Das fällt aber schon unter gehobene Ansprüche und sollte auch nie Teil der "Kennen Sie hier in der Nähe ein Schwimmbad?"-Frage sein. Man erzeugt nur größtmögliche Verwirrung bei seinem Gegenüber. In Spanien wurde mir im letzten Urlaub der Hotelpool im Keller vorgestellt, der einem Säugling vielleicht als 25m-Becken hätte verkauft werden können, aber mit dem räumlichen Vorstellungsvermögen eines Erwachsenen maß der Pool traurige 3 x 5m.
Dass öffentliche Schwimmbäder meist in Form eines Hallenbades existieren und als solche auch gerne mal mitten im Herzen des großstädtischen Shoppingdaseins stehen, gehört auch zu den Geheimnissen unserer Zivilisation. Als ich vor ein paar Wochen meinen Badeanzug vergessen hatte,
entschied ich mich spontan zum Kauf eines neuen. Ein neues Stöffchen wäre früher oder später eh notwendig gewesen und so ging ich frohen Mutes in das 50m vom Bilker Hallenbad gelegene Intersport-Sportgeschäft. Als ich dort nach Badeanzügen fragte, entgegnete der Verkäufer mit ernster Miene, dass die Saison ja vorbei sei. Bitte welche Saison hat ein Hallenbad?

Sonntag, 6. November 2011

Gehörtes und Gelesenes

Jajaja. Zeit zum Hoserunterlassen. Ich geb zu, ich fühlte mich ertappt, als ich den Artikel „Im Wartezimmer zum Erwachsenwerden“ im Wochenende der Sueddeutschen las.
Rebecca Casati schreibt da über die Generation Facebook, deren Menschen laut ihrer Beobachtung in einer seltsamen Zeitblase leben und plötzlich merken, wie wenig sie eigentlich auf die Reihe kriegen. Das klingt vielleicht ein bisschen so, als wolle ich hier und jetzt beschließen, für eine festgelegte Anzahl Wochen oder gar Monate die Geräte X, Y und Z nicht mehr zu nutzen und mich aus der digitalen Welt auszuklinken. Das machen schon genug Menschen und schreiben anschließend Bücher darüber. In diese Reihe will ich mich nicht einreihen. Hab ich auch keine Zeit zu, denn ich verplemper meine Zeit ja auf Facebook um meinen „Freunden“ mitzuteilen, was ich grade denke, höre, sehe, esse oder um mal eben zu posten, wo ich bin! Wie ich jedoch bei der kritischen Lektüre des Artikels von Frau Casati feststellen mußte, finde ich seit Monaten auch keine Zeit mehr zum Bloggen. Dieser Tatbestand soll nun geändert werden, denn mancher Gedanke geht einfach tiefer als die Frage, ob ich die Fenster putzen oder lieber einen Nele-Neuhaus-Krimi lesen soll. Der intellektuelle Tiefgang hinter dieser Frage kann zwar von jedem Leser / jeder Leserin selbständig erörtert werden, aber die Gefahr von Fehlinterpretationen liegt nahe und deshalb nehme ich das jetzt wieder verstärkt selber in die Hand.
Nach zwei Wochen Urlaub im spanischen Sitges gibt’s genügend Stoff zum verwursteln, aber ich fange nach über 6-monatiger Blogabstinenz erst mal mit was Einfachem an:“Dinge, die ich gelesen und gehört habe“ – Vier Bücher, 3 Podcasts und 2 neue CDs. Ich habe zwar mehr als 3 Podcasts gehört, aber die, bei deren Konsum (was ist eigentlich das Hör-Wort für Lektüre?) ich mehr als zweimal eingeschlafen bin, erwähne ich hier nicht.

Neu Musik:
Peter Licht – Das Ende der Beschwerde
Als großer Peter Licht Fan hab ich dem neuen Album schon seit Wochen entgegen gefiebert. Dass es ausgerechnet während des Urlaubs veröffentlicht wurde verlor erst seinen Schrecken, als klar war, dass die Ferienwohnung definitiv mit Wlan ausgestattet ist.
Nach dem Download machte sich Enttäuschung breit, die auch nach mehrmaligem Hören nicht ganz verflogen ist. Ein paar Stücke sind ganz ok, aber Lieder wie „Fluchtstück“ sind mir einfach zu anstrengend. Bitte in Zukunft wieder mehr „Schüttel den Barmann“ und „Wort von den Worten an den Wänden“.


Noel GallagherHigh Flying Birds
Klingt wie Oasis, viel Material mit Hymnencharakter. Schön aber kein Potential zum Stürmer meiner persönlichen Hitlisten.


Bücher:
Wie man mit diesem Namen überhaupt ein Buch verkauft ist mir ein Rätsel. Doch die Wahl meiner Frau fiel auf Gisa Klönnes Krimi, der zwar in Köln spielt (und auf Samos und in der Gegend von Frankfurt), aber kein Köln-Krimi ist. Nicht schlecht. Es geht um den Missbrauch an Kindern in deutschen Kinderheimen nach dem Krieg bis tief in die 60-iger Jahre hinein und auch ein bisschen ums Wünschelroutengehen. Die Geschichte ist bis zum Schluss spannend erzählt und durch die vielen Perspektivewechsel auch nie langweilig. Leider ist die Auflösung ein wenig seltsam und hinterläßt einen komischen Nachgeschmack. 

Haruki Murakami - 1Q84 Buch 3
Buch 1 und 2 hatte ich im Frühjahr regelrecht verschlungen. Grandiose Literatur von einem der besten zeitgenössischen Schriftsteller, wie ich finde. Ich wollte unbedingt wissen, wie die Geschichte von Tengo und Aomame weiter geht und bestellte zum ersten Mal überhaupt ein Buch bei amazon vor dessen Veröffentlichung. Mit Ehrfurcht las ich die ersten Zeilen und wühlte mich im Eiltempo durch die 578 Seiten. Alles war gut, die zwei Monde standen am Himmel und die Littel People hielten die Füße still. Doch dann passiert am Ende nur eine Sache. Sie nehmen sich an den Händen und spazieren der Sonne entgegen. Und sonst? Außer Spesen nichts gewesen? Ich fürchte, mir ist da irgendwas entgangen. Muss ich noch mal googlen. Vorerst steht für mich als Kommentar zu diesem Buch erst mal Ratlosigkeit.


Ein tolles Buch. Sollte man nicht lesen, wenn man Hunger hat – es sei denn, man mag die indische Küche nicht. Endlich mal ein Buch, in dem die Lesben wie normale Menschen beschrieben werden und nicht als Freaks oder Mörderinnen.

Tom Rob Smith - Child 44
Seit langem mal wieder ein Buch auf Englisch gelesen. Ging überraschend gut, aber dieser Krimi ist auch so spannend, dass man einfach weiterliest, auch wenn man grade mal nicht jedes Wort versteht. Die Geschichte ist im stalinistischen Russland angesiedelt. Viel grausames Blutvergießen, Menschenquälerei und Gulag-Grauseligkeiten bei deren Schilderung man sofort beschließt, im Falle einer Verfilmung wegzugucken. Die Hauptfiguren sind vielschichtig und wuchsen mir zunehmend ans Herz. Absolut empfehlenswert.



Podcasts:

Florian Martens bei der Hörbar Rust (der Otto aus "Das Duo")
Total witziger Mensch. Spannende Geschichten aus seiner DDR-Jugend und überaus interessante Familienverhältnisse (Vater = Wolfgang Kieling). Da mach Das Duo-Gucken noch mehr Spass.



Michael Kunze im WDR 2 Montalk (schrieb den Text zu Griechischer Wein)
Ein durch und durch langweiliger aber sehr erfolgreicher Mensch. Er schrieb und schreibt noch mehr erfolgreiche Musiken. Ich muss gestehen, beim Tippen dieser Zeilen wusste ich tatsächlich nicht, wie man "griechisch" schreibt. Und das zu diesen Zeiten...


Dr. Michael Winterhoff im WDR 2 Montalk schrieb "Warum unsere Kinder Tyrannen werden"
Was dieser Psychomann aus Köln-Porz für den allgemeinen Erwachsenen Neurotiker, ist Herr Dr. Winterhoff für die Kinder bzw. Eltern. Erklärbär aus Bonn mit angenehmer Stimme. Wer wissen will, warum Kinder später Tyrannen werden, sollte ihm zuhören.