Freitag, 29. März 2013

Notar, die Zweite

Gestern mal wieder beim Notar gewesen. Diesmal bei einem sehr netten, der keine doofen Fragen gestellt hat und wusste, was wir bei ihm wollten.
Das klingt jetzt so, als wenn wir regelmäßig Notarbesuche auf unserer Agenda stehen hätten. Dem ist natürlich nicht so. Aber wenn man beim ersten Versuch, die Adoption von Herrn O. zu beantragen, so abweisend und verständnislos behandelt wird, wie uns das vor ein paar Wochen bei Herrn Dr. P passiert ist, muss man sich halt weiter durch den Dschungel derJuristerei dieses Landes kämpfen.
Unser Neuer, der Herr Dr. R. hat eine hübsche Kanzlei, viele nette Mitarbeiterinnen, die ihn umschwirren und einen schicken Anzug, der ungefragt beim Kaptainsdinner auf dem Traumschiff durchgehen könnte. Wie Notare das so machen, las er unseren Adoptionsantrag sorgfältig vor und belehrte uns freundlich über Dinge wie "einmal Eltern, immer Eltern" und "dazu gehört auch die vollständige Verwandtschaft Ihrer Seite, Frau B.". Natürlich war mir das alles bewusst, aber in einem so öffentlichen Rahmen ist es dann doch noch mal einen Tick ernster und für einen Sekundenbruchteil durchzuckte mich dieses Gefühl, das ich immer habe, kurz bevor ich einen bedeutungsschweren Vertrag unterschreibe. Sei es Hauskauf, Hochzeit, Auto - man meint, das Leben ändere sich mit einer einzigen Unterschrift.
Tut es ja auch - zum Glück waren es bisher immer die richtigen Entscheidungen und mein Leben wurde bereichert.
Selbstverständlich habe ich den Adoptionsantrag ohne zu zögern unterschrieben. Herr O. sass auf meinem Schoß und verfolgte aufmerksam, was seine beiden Mamis da taten und schien mit allen Vorgängen einverstanden zu sein. Jetzt geht der Antrag ans Amtsgericht und wir warten darauf, dass das Jugendamt seine Zustimmung gibt und auch ich offiziell, auch vor dem Gesetz, die Mutter von Herrn O. bin.

Samstag, 23. März 2013

Unbekanntes Futtertransport Objekt

Es hat sicher schon schlechtere Bomben-Attrappen in deutschen TV-Krimis gegeben als diese hier. Dabei handelt es sich hier um einen Behälter, in dem man warme Speisen warm halten kann. Eine Art Mini-Thermoskanne. Wir nutzen das Objekt für Herrn O.'s Brei . denn auch in einer zivilisierten Welt ist nicht immer und überall eine Mikrowelle zur Hand.

Dienstag, 12. März 2013

PEKIP

Vor einer Woche fragte ich meinen Schatz: "Sag mal, was hältst du davon, wenn ich mir nächsten Montag frei nehme?" "Wunderbar", entgegnete Schatz, "dann kannst du ja mit unserem Sohn zur PEKIP-Gruppe gehen". Au weia, auf was hatte ich mich da eingelassen. Die Rolle der Feierabend- und Wochenendmutti war mir mitlerweile vertraut, die Bäckersfrau kannte mich mit und ohne Kind, nächtliche Wickel und Beruhigungsodysseen waren mir in Fleisch und Blut übergegangen. Doch jetzt auf einmal so richtig vollumfänglich die Mutti zu sein - neben ganz vielen anderen Vollblutmuttis und einer Expertin, die junge Muttis und deren Kinder zu ungelenken Bewegungen und peinlichen Liedern anstiftet. Und das dann auch noch alleine, also ohne Frau O. "Nicht ohne unseren Sohn" sagte ich still zu mir selber und beschloss Herrn O. von der Idee zu überzeugen, mich als seine PEKIP-Begleitmutti mit aller Kraft zu unterstützen und auf keinen Fall zu blamieren.
 
Das gute Wetter am Montag trug wesentlich dazu bei, dass ich trotz einer spürbaren Grundnervosität doch positiv gestimmt und in sonniger Laune mit dem Kleinen Herrn in der Tage richtung Geburtshaus taperte. Meine Frau schwebte grinsend neben mit her, hatte sie doch die Aussicht auf zwei freie Stunden ohne Babygeschrei an der wohlig wärmenden Frühlingssonne. Immerhin hatte ich ihr das Versprechen abgwinnen können, mich der PEKIP-Gruppe kurz vorzustellen, und mich in die wichtigsten Rituale und Verhaltensregeln der Gruppendynamik einzuweisen.
"Jede bekommt eine Matte, da legst du dann das Kind drauf. Die Sibylle* (*Name geändert, wie alle anderen folgenden auch) empfiehlt dann immer, die Kinder ganz auszuziehen, also auch die Pampers. Ich mache das nie, aber du kannst selber entscheiden, ob du das machen willst.
Hier ist die Tasche, da ist alles drin, was du brauchst, falls er mal macht, Durst oder Hunger hat, oder frische Klamotten braucht."
 
Ich fühlte mich an eine Sicherheitsbelehrung im Flugzeug erinnert, und dann rollten wir auch schon auf die Startbahn. Frau O. entschwand, Sibylle hiess mich sehr herzlich willkommen, die ersten PEKIP-Muttis mit ihren Kindern trudelten ein, Matten wurden hin-und her geschubst, Tonnen von Spielzeug in der Mitte des Raumes platziert und - trotz bereits saunahaften Temperaturen - die Heizstrahler eingeschaltet. Auch das war Teil meiner Sicherheitsbelehrung gewesen, aber ich hatte angesichts des aufstrebenden Frühlings nicht damit gerechnet, dass wir uns dieser Zusatzwärmequelle bedienen würden. Gehört wahrscheinlich zum PEKIP-Standart, wie das Schwimmwesten-Kapitel zu den Safety-Instructions, selbst wenn man kein einziges Gewässer überfliegt.
Lieselotte fragte mich als erste, ob ich nun Elternzeit hätte, dann kam Henriette und irgendwann fragten alle 8 Frauen zwischen Kinderausziehen, Matte mit heimeligen Decken und Stofftieren dekorieren, und sich selber klamottentechnisch den Temperaturen und anstehenden Aufgaben anpassend, tausende Fragen, von denen ich nur eine kleine Auswahl widerzugeben im Stande bin:
  • Hast du jetzt Elternzeit?
  • Wie teilt IHR euch denn die Erziehung des Kleinen auf?
  • Habt ihr euch denn einen Jungen gewünscht?
  • Ihr freut euch sicher über das neue Adoptionsrecht?
  • Wo ist denn deine Frau?
Zum Glück ging es dann irgendwann los mit einem Lied, das ich natürlich nicht kannte. Irgendwas mit Begrüßung und Trallala. Dann sagte jede, wie die letzte Woche war, und dann hat mich unser Sohn im hohen Bogen vollgepinkelt. Selber schuld, wenn man meint, mal alles anders machen zu müssen. Ich lernte aber prompt und zog ihm für die folgenden Übungen eine Pampers an.
Selber schuld, wenn man meint, mal alles anders machen zu müssen, als die Gattin das empfohlen hatte.
Herr O. fühlte sich sichtlich wohl und nahm sogar das von mir eigenhändig gebastelte, pädagogisch wertvolle Spielzeug mit Begeisterung an. Ich hätte ihm aber auch verziehen,
wenn er den in einen Bratschlauch eingehüllten gelben Plastikball verschmäht hätte.


Zum Ende der Stunde schnappten wir uns unsere Kinder (jede ihres) und stellten uns im Kreis auf. Hunde, Elefante, Katzen und Mäuse waren die Kernobjekte unserer Sing- und Tanzspiele, die wir in wechselnden Tempi und Schrittkombinationen ausführten. Auf den ersten Blick eine leicht zu lösende Aufgabe, im Fokus eines Heizstrahlers mit einem zappelnden Kind auf dem Arm wurde aus dieser Übung schnell eine sportliche Höchstleistung. Während meine Frau entspannt durch den Zoopark joggte, schwitzte ich richtig!


"....war ein großer Hund - Wau Wau!...und wieder von vorne..." dröhnte es an mein Ohr. "Clarissa, du hältst dein Kind falsch. Leg mal besser deine Hand hier hin."
Ohhh jehhhh, ich schwitzte. Und der kleine Kerl auf meinem Arm auch. Ihm wurde die ganze Hampelei auch langsam zu viel, oder es es war ihm peinlich, oder ich war ihm peinlich, egal, er quäkte immer lauter und dann schrie er. Das fiel aber nicht weiter auf, denn auch Harald, Detlef und Annemie schrien mitlerweile. Sibylle und Annegret hockten in einer Ecke und stillten und während ich noch meine Eindrücke sortierte war die Stunde auch schon vorbei. Sohn anziehen, Tasche packen, mich anziehen, Tschüß sagen (zu meiner Überraschung gabs hierfür kein Lied) und raus.
In unserem Stamm-Cafe trafen der mitlerweile selig schlummernde Herr O. und ich auf Frau O. und ich erzählte von meinen Heldentaten. Ein Lächeln, ein Capucchino und das Angebot, auch den nächsten PEKIP-Termin wahrnehmen zu können waren der Dank.