Mittwoch, 7. August 2013

Woche 2

Die zweite Woche meiner Elternzeit läßt sich gut in zwei Teilen erzählen: Den ersten drei Tagen, an denen Frau O. noch zu Hause war, und dem Donnerstag und Freitag, als es dann richtig um die Wurst ging. Frau O. ging morgens ins Büro und ich mit Herrn O. in die KITA zur Eingewöhnung.
Die gemeinsamen Tage genossen wir wie Urlaub. Die Sonne brannte, uns tropfte die Sonnencreme von der Stirn, wir saßen im Strassencafe oder im Park auf der Decke, Herr O. schaukelte und wir schauten zu. Die Stadt war leer, weil die Menschen mit Kind und Kegel in den Urlaub gedüst waren und wir schauten uns das zähe Treiben erschöpfter Hunde und Rentner auf den Bürgersteigen von Flingern an. Es fühlte sich alles ein wenig melancholisch an, als ob es nie wieder so werden würde. Dabei wird es auch in Zukunft 52 Wochenenden, 30 Urlaubstage und nicht zu verschmähende Feiertage geben. Was solls, Carpe Diem war unser Motto und dann war ja auch schon - Schwupps - Donnerstag, der 1. August.
Um 9:30 sollten der Kleine und ich in der KITA sein. Als wir dort ankamen herrschte schon emsiges Treiben und kunterbuntes Kinderwuseln auf den Fluren. Wir wurden freundlich begrüßt und in einen kleinen Raum geführt, der für die nächste Stunde nur für uns und noch ein neues Kind samt Mama reserviert war. Dort machte sichs der völlig übermüdete Herr O. dann auf einem halben Quadratmeter bequem und studierte die Wunderbox - eine Kiste mit wahnsinnig spannenden Dingen wie z.B. Lockenwicklern, Schneebesen oder Rasseldingsbumsen. Seinen halben Quadratmeter verlassen kam ihm nicht in den Sinn, was mich ein wenig nervös machte. Er ist zwar in Anwesenheit fremder Menschen meist etwas schüchtern, aber soooo in sich gekehrt ist er nur ganz selten. Als ich dann mal kurz den Raum Richtung Toilette verließ zeigte er allerdings unzweifelhaft, wie viel Energie in ihm steckt. Ich war gerührt. Dann war unser Premierentag auch schon vorbei und wir watschelten wieder nach Hause, wo es erst mal ein leckeres Frühstück für den Junior und gab und einen wohlverdienten Café-Rekord-Cappuccino für die Mama.
Der nächste KITA-Tag verlief schon viel dynamischer. Der kleine Herr hatte sich vorher noch einen Schönheitschlaf gegönnt und war schon voller Tatendrang, als ich den Buggy durch das Eingangstor schob. Diesmal wurde der Raum auch in seiner Gänze erkundet und zur Feier des Tages ein Purzelbaum auf dem Mattenpark gemacht. Eher unfreiwillig aber die Landung entlockte ihm ein zaghaftes Lächeln. Die Erzieherin und ich machten innerlich drei Kreuze,
Für Montag erhielten wir den Auftrag, ein UV-Shirt, einen Sonnenhut und eine halbe Stunde mehr Zeit mitzubringen. Während ich dies auf meiner imaginären "To-Do-Liste" notierte, huschte hinter meinem Rücken eine Erziehering vorbei, die ein Mädchen dazu aufforderte: "Komm Celina, wir müssen noch dein Gefühlsprotokoll machen:"
Alles war gut gewesen. Die Räume hell und freundlich, die Erzieherinnen sympathisch und engagiert, die Rituale verständlich, die Schränke aufgeräumt, die Lieder lustig, die Bilingualität bilingual. Das Gefühlsprotokoll brachte mich ins Schwanken. Hätte ich doch besser mal das Kleingedruckte lesen sollen? Gibts außer evangelisch, katholisch und staatlich noch ne Religion? Doch zum Glück blieb mir keine Zeit weiter darüber nachzudenken. Der kleine Mann musste wieder angezogen und in den Buggy verfrachtet und der Heimweg bei 38 Grad bewältigt werden. Im Anschluss besuchten wir noch unseren lieben Nachbarn, der uns kurz vor seinem Urlaub noch Kurzinstruktionen zum Gießen seiner Pflanzen gab. Das Gedächtnis war damit dann auch ausgelastet, so dass ich das Wort "Gefühlsprotokoll" in die Warteschlange meines Elternzeit-Standby-Hirns verschob.

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